Das ehemalige "Funkhaus der DDR in der Nalepastraße" in Berlin, erbaut von 1952-65, ist einer der faszinierendsten Baukomplexe Berlins.
Das von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene ehemalige "Funkhaus der DDR" des Architekten Franz Ehrlich in der Nalepastraße im ehemaligen Ost-Berlin ist eines der faszinierendsten und bedeutendsten Bauwerke der Stadt.
Ein leerstehender Baukomplex einer früheren Sperrholzfabrik wurde zu einem Funkhaus ausgebaut. Von hier sendeten, zentral, und von der SED-Führung streng reglementiert, bis zu ihrem Untergang sämtliche überregionalen Radiosender der DDR ihre Programme.
Der Bau des Architekten Franz Ehrlich fällt mit seinem scharfen Kontrast zur damaligen Staats-Architektur des 'stalinistischen Klassizismus' bei der DDR-Führung in Ungnade: SED-Chef Ulbricht selbst erscheint nicht zur Eröffnung des Hauses.
Noch heute werden die Sendestudios genutzt und gelten technisch als 'State of the Art'.
Meine Fotos zeigen den Zustand der Anlage im Jahr 2017.
Der DDR-Rundfunk wird nach dem Mauerbau 1961 schnell zum wichtigen Akteur des ‚Kalten Kriegs‘. Am 5. September 1961 beginnt die verstärkte Abschottung der DDR mit der Aktion „Blitz contra Natosender“. Dabei werden auf Westempfang ausgerichtete Rundfunkdachantennen in Ost-Berlin durch FDJ-Mitglieder auf Ostempfang gedreht oder zerstört. Zu den Aufgaben des DDR-Rundfunks gehört auch das Stören unliebsamer Sendungen aus dem Westen. Betroffen davon ist vor allem der RIAS. Über 5000 Personen arbeiteten in den 1970er Jahren in der Nalepastraße und verfügten vor Ort über das Dienstleistungsangebot einer kleinen Stadt.
Für den Bau der Sendeanstalt lieferte der Architekt Franz Ehrlich, Kommunist und ehemaliger Bauhaus-Schüler, die Pläne. Der verglaste Bogengang mit großen Stahlfenstern ist eine deutliche Reminiszenz an das Bauhaus. Auch der Verzicht auf repräsentative Zufahrten oder Eingänge zu den Gebäuden verweist auf die Dessauer-Moderne. Diese Abschottung gegen das Umfeld ist ein typisches Kompositionsprinzip der Funktionalisten des Bauhauses (vergleiche auch Hannes Meyers ADGB-Schule in Bernau) und sollte die Konzentration auf die Arbeit versinnbildlichen und sichern.
Treten Besucher allerdings durch die nahezu versteckten Eingänge in die Gebäude, eröffnen sich spektakuläre Foyers mit Freitreppen und Eingangshallen mit Säulen. Die angegliederten Studios sind in einem viertelkreisförmigen Bogen zusammengefasst. Im Innenbereich schuf Ehrlich eine außergewöhnliche Symbiose aus 'Moderne' und 'repräsentativem Konservatismus': Großzügige Foyers mit Freitreppen und repräsentative Eingangshallen mit Säulen. Die Innenausstattung erfolgt unter maßgeblicher Beteiligung der Deutschen Werkstätten Hellerau in Dresden. Im Studiogebäude verwendet Franz Ehrlich für den Boden Saalburger Marmor, einen farbigen Kalkstein aus Thüringen, der zum Teil ebenfalls aus der zerstörten Reichskanzlei stammt.
Die Studios selbst haben einen trapezförmigen Grundriss und - wie die Sendesäle auch - separate Fundamente nach dem Haus-in-Haus-Prinzip, um Schallübertragungen zu vermeiden. Alle Aufnahmeräume sind durch Hallräume und Dehnungsfugen voneinander getrennt und umbaut, sodass die Aufnahmen frei von äußeren Einflüssen erfolgen. Wandverkleidungen, Decken und Fußbodenbeläge sind so gewählt, dass bestimmte Frequenzen herausgefiltert bzw. absorbiert werden. Für den Entwurf der Sendesäle arbeitet Franz Ehrlich eng mit dem Ingenieur Gerhard Probst und dem Akustiker Lothar Keibs zusammen, der später (1960-1965) das erste vierkanalige Aufnahme- und Übertragungsverfahren (Stereo-Ambiofonie) entwickelt.
Noch heute gelten die Sendestudios als „State of the Art“. Sie faszinieren mit Klangqualität, optimaler Nachhallzeit und guter Studioausstattung. Daniel Barenboim hat im Großen Aufnahmesaal 1 mit der Staatskapelle Berlin zahlreiche Konzerte aufnehmen lassen und rühmt den Saal für seine Akustik: Der Saal sei eines der besten Aufnahmestudios weltweit. Hier wurden Szenen des Films ‚Bridge of Spies – der Unterhändler‘ mit Tom Hanks gedreht, A-ha, Sting, Depeche Mode, Daniel Barenboim, Cecilia Bartoli, Kent Nagano und andere nahmen hier Alben auf, Jerry Goldsmith oder Roman Polański produzierten hier Filmmusiken. Major-Labels wie Universal, BMG, Sony, EMI und Teldec nutzen die Studios für Musikproduktionen. Die Konstruktion und der akustisch perfekte Ausbau durch Chefingenieur Gerhard Probst und Akustiker Lothar Keibs sind eine ingenieurtechnische Meisterleistung.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die Rundfunkprogramme aus der Nalepastraße zunächst bis zum 31. Dezember 1991 fortgeführt und an diesem Tag eingestellt. Mit dem Einigungsvertrag 1990 wurden die fünf neuen Bundesländer und das Land Berlin Eigentümer der Immobilie. Danach begann eine lange Leidensgeschichte von Unfähigkeit, Amtsmissbrauch und kriminellen Machenschaften.
Seit Juli 2015 sollen die denkmalgeschützten Einrichtungen einem Konsortium um zwei Privatunternehmer gehören, die bereits Eigentümer und Betreiber des Postbahnhofs, der Erdmann-Höfe und des Wasserturms am Ostkreuz sind. Die Investoren beabsichtigen (Stand 2017), schrittweise „eines der größten Musikstudios der Welt“ aufzubauen. Vieles ist bereits vorangeschritten, wovon ich mich Ende 2017 überzeugen konnte. Musiker, Fotografen, Maler, Multimedialeute, Konzertveranstalter, Verlage und Designer finden im Komplex ein kreatives Umfeld.