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Das Bauhaus-Gebäude Dessau

Das Bauhaus Dessau von 1926 (auch ‚Bauhausgebäude Dessau‘) gilt als Ikone der Architektur-Moderne und Vorbild des modernen Zweckbaus. Mit diesem Neubau setzt Walter Gropius die Ideen des ‚neuen Bauens, neuen Wohnens und neuen Lebens‘ kompromisslos um. Das Bauhausgebäude in Dessau ist deshalb eines der bedeutendsten und folgenreichsten Bauwerke des 20. Jahrhunderts. 1996 wurde es von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.

Die Gebäude in Dessau wurden im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört und in der DDR zunächst zweckentfremdet genutzt und im Inneren wie im Äußeren aus ideologischen Gründen vollständig umgestaltet. Erst Mitte der 1970er Jahre erfolgte dort ein zögerliches Umdenken. Zum 100sten Gründungsdatum des Bauhaus 2019 wurde das Haus umfassend denkmalgerecht saniert. Meine Fotos sind im Januar 2020 entstanden.

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Fünf funktional gegliederte Teile bilden das Bauhaus. Jedem Teil ist eine bestimmte Funktion zugeordnet. Der Verwendungszweck bestimmt die Form (‚form follows function‘ – neben der ‚Ornamentlosigkeit‘ ein bestimmender Grundsatz der Moderne): Der Flügelbau der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule (später Technische Lehranstalten), der Werkstättentrakt mit der - damals neuartigen – Glasvorhangfassade, und das Atelierhaus mit den Wohnateliers für die Studenten. In einer zweigeschossigen Brücke in der Verbindung von Handwerkerschule und Werkstättentrakt befinden sich die Verwaltungsräume und das Baubüro von Walter Gropius. In einem Flachbau zwischen Werkstättentrakt und Atelierhaus liegen die Aula sowie die Mensa.

 

Weltweite Aufmerksamkeit fand die damals neuartige Konstruktion der völlig in Glas aufgelösten Außenfassade des Werkstättentrakts. Damit sollte der Eindruck von Leichtigkeit und gleichzeitiger transparenter Monumentalität hergestellt werden - ein Ansatz, der allen bisher bekannten Vorstellungen von Ästhetik in der Architektur völlig zuwiderlief. Technisch möglich wurde dies auf der Grundlage der damals revolutionären Stahlskelettbauweise. Auch in der Farbgebung ging das Bauhaus neue Wege. Die äußeren Wände sind in Weiß gehalten, innen differenzieren Farben zwischen tragenden und verkleidenden Elementen.

 

Das Bauhaus, 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet, gilt heute als Heimstätte der Avantgarde der 'Klassischen Moderne' auf allen Gebieten der freien und angewandten Kunst und der Architektur. Das Bauhaus prägt wesentlich das Bild modernistischer Strömungen in der ganzen Welt und bildet die 'Keimzelle' des 'International Style'.

Das Bauhaus unter den beiden deutschen Diktaturen.

 

Die Nazis erkennen bei Technik-, Industrie- und Fabrikbauten das Gebot der Funktionalität als Zeichen technologischen Fortschritts durchaus an und orientieren sich teilweise an der Neuen Sachlichkeit. Auch modernes Mobiliar wird geduldet. So gibt es ein Foto von Adolf Hitler, auf dem er auf einem von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Freischwinger sitzt.

Nachdem Mies van der Rohe das Bauhaus von Dessau nach Berlin verlegt hatte, wo er es als Privatschule weiterführt, wird im Nazi-Kulturapparat kurzzeitig debattiert, ob das Bauhaus-Erbe in die NS-Weltanschauung integriert werden könnte - eine Debatte, die auch nach Hitlers Machtergreifung weitergeht. Der NS-Ideologe Alfred Rosenberg selbst hat wohl die Weiterführung des Bauhauses ohne den "belasteten" Namen und in verändertem institutionellem Zuschnitt befürwortet bzw. erwogen. Anknüpfungspunkte, die Bauhaus-Ideen für den völkischen Kollektivismus zurechtzubiegen, hat man durchaus finden können: So hatte Walter Gropius einst "die Überwindung des Ich-Kults" ausgerufen und die Arbeit des Bauhauses zu einer "Lebensangelegenheit des ganzen Volkes" erklärt. Gropius unterzeichnete auch einen Aufruf zur Unterstützung Hitlers und trat in die Reichskulturkammer ein.

 

Genützt hat das alles nichts. Diktaturen ist freie Kreativität grundsätzlich ein Dorn im Auge: 1932 wird das Bauhaus in Dessau auf Betreiben der NSDAP aufgelöst. 1934 wird es vom NS-Regime endgültig in Bausch und Bogen als "jüdisch" und "bolschewistisch" verdammt. In der Architektur wird für Propaganda-, Staats- und Parteibauten auf den monumentalen Klassizismus gesetzt (Speer). Ohne weitere Arbeitsgrundlage übersiedelt Gropius 1938 in die USA.

Unter dem DDR-Regime wiederholt sich die Geschichte: Anfänglich lobt die offizielle DDR das Bauhaus als eine Möglichkeit für die Zukunft und tatsächlich gibt es kurzzeitig einen Plan für eine Wiedereröffnung des Bauhaus Dessau. Mart Stam, einer der profiliertesten Architekten der Moderne, macht sich – wie viele andere auch – große Hoffnungen: Er verlässt 1948 die Niederlande und siedelte nach Ostdeutschland über, um dem frischgebackenen sozialistischen Staat zu helfen*.

 

Vergebens: Auf dem 3. Parteitag der SED im Juli 1950 ist mit der Toleranz gegenüber dem Bauhaus Schluss. Es wird als “volksfremde und volksfeindliche Strömung” und “Waffe des Imperialismus” verteufelt, da es „an den wahren Bedürfnissen der Werktätigen“ vorbeigehe. Stattdessen wird eine Rückkehr zum Klassizismus, zu repräsentativen, monumentalen Arbeiten forciert. Exemplarisch stehen hierfür die Bauten der ehemaligen Stalinallee in Berlin („Arbeiterpaläste“). Stalin beerbt Speer.. Erst später in den 1970iger Jahren wird die Haltung gegenüber dem Bauhaus wieder etwas pragmatischer, ohne dass es jedoch jemals zu einer „Entideologisierung“ der Architektur gekommen wäre.

 

Weil es – wie unter den Nazis – auch in der DDR unmöglich war, als Architekt oder Designer unabhängig von ideologischen Zwängen kreativ zu arbeiten, verlor Ostdeutschland mehr talentierte, innovative zeitgenössische Designer, als es sich hätte leisten können. Darunter Wilhelm Wagenfeld, Herbert Hirche, Gustav Hassenpflug, Marianne Brandt, Hans Scharoun und auch Mart Stam*. Stam war ein niederländischer Architekt und Designer. 1926 erfand er den ersten Freischwinger, den Marcel Breuer schließlich weiterentwickelte. Von 1930 bis 1934 war er an den Planungen für die sowjetischen Städte Magnitogorsk, Makijiwka und Orsk beteiligt. Stam lebte ab 1948 in der DDR und war zunächst Rektor der Dresdner Akademie der Künste und der Hochschule für Werkkunst, ab 1950 Rektor der Hochschule für angewandte Kunst Berlin-Weißensee, die er infolge der Formalismusdiskussion Ende 1952 verlassen musste. 1955 machte er sich in den Niederlanden selbständig.

(Die Texte wurden einschlägigen Quellen im Internet entnommen) 

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